Grundwissen Politur

Im Folgenden möchte ich Euch ein kleines Grundwissen über Politur und polierte Oberflächen auf verschiedenen Materialien vermitteln.

 

Erste wichtige Erkenntnis : Auch eine perfekt polierte Oberfläche ist nur eine zerkratzte Oberfläche!

 

Jede durch Schliff oder Politur bearbeitete Oberfläche zeigt Kratzer. Tiefe und Breite dieser Kratzer bestimmen den optischen Eindruck.

Bei Zierschliffen, beispielsweise an Uhren oder Schmuck, wird der optische Eindruck durch Körnung und Strichtiefe beeinflusst. 

Die beabsichtigten Striche (Kratzer) laufen hier in der Regel streng parallel um ein optisch ansprechendes mattiertes Oberflächenbild zu erzeugen.

 

Eine für das Auge perfekt spiegelnd polierte Fläche einer Armbanduhr oder eines Schmuckstückes ist allerdings auch nicht frei von Kratzern. 

Sie sind in Tiefe und Breite allerdings viel zu gering, um sie mit blossem Auge zu erkennen.

 

Bei einer guten Politur streben wir also ein „unsichtbares Kratzbild“ auf der Oberfläche an - viel zu fein, um mit dem menschlichen Auge wahr genommen zu werden.

 

Klingt in der Theorie erstmal einfach, in der Praxis gibt es allerdings viele Faktoren, die einem perfekten Ergebnis im Wege stehen.

 

Auf einige dieser Faktoren möchte ich im Folgenden näher eingehen. 

 

 

1. Materialhärte

 

Die wichtigste Variable/Faktor beim Politurabtrag unterschiedlicher Metalle ist deren spezifische Härte.

Je weicher das Metall umso einfacher und schneller kann der Politurvorgang erfolgen. 

Gold z.B. ist ein relativ weiches Metall und lässt sich daher schnell und gut polieren. 

Gleiches gilt beispielsweise für Messing und Kupfer - sie sind von der spezifischen Härte ähnlich einzuordnen wie Gold. 

Edelstahl oder Titan sind deutlich härter als die eben genannten Metalle. Im Vergleich zu Gold ist der Polierabtrag unter gleichen Bedingungen also um ein vielfaches geringer. 

Mit passendem Polierwerkzeug und Poliermitteln lässt sich dennoch zügig ein hervorragendes Ergebnis erzielen.

Bei den bisher genannten Metallen spielt die Hitzeentwicklung beim Polieren keine Rolle, da diese von der vergleichsweise geringen Hitze beim Poliervorgang in ihrer Struktur nicht verändert werden.

Ganz anders verhalten sich Kunststoffe. Sie sind vergleichsweise weich und damit eigentlich schnell und gut polierbar.

Allerdings können Kunststoffe wie Plexiglas, aber auch Lackoberflächen oder Bernstein (Harz)  schmelzen und schmieren, wenn sie durch die Reibung beim Poliervorgang übermässig erhitzt werden. Dabei entstehen irreparable Strukturschäden.

Hier sollte man unbedingt die Drehzahl und Polierdauer („Abkühlpausen“) entsprechend dosieren. 

Gehärtete Metalle, DLC (Diamond-like Carbon) beschichtete Oberflächen oder Glas sind aufgrund ihrer Härte mit normalen Methoden kaum oder gar nicht polierbar.

Hier braucht man spezielle Poliermittel (mit einem möglichst hohem Anteil an feinen Diamantstaubpartikeln) um einen Abtrag zu erreichen. 

 

2. Die Tiefe der Kratzer oder Beschädigungen auf der zu polierenden Oberfläche

 

Die Tiefe von Kratzern leichter Tragespuren, beispielsweise an einer Armbanduhr oder eines Schmuckstückes, befinden sich im 100stel Millimeter Bereich. Diese Schäden lassen sich durch fachgerechte Politur vollständig beseitigen. 

Mittlere bis stärkere Kratzer oder leichte Beschädigungen befinden sich dagegen im 10tel Millimeter Bereich und können nicht einfach durch Polieren entfernt werden. 

Der Materialabtrag beim Poliervorgang ist zu gering - selbst wenn man sehr lange poliert, sind die mittleren bis starken Kratzer und leichten Beschädigungen bei genauer Betrachtung immer noch sichtbar. Die Kanten des Kratzers bzw. der Beschädigung werden zwar stark abgerundet, aber nicht vollständig bis in die Tiefe beseitigt.  

Um bei mittleren bis starken Oberflächenschäden ein perfektes Restaurationsergebnis zu erreichen, muss mit einem harten Medium die gesamte Fläche erst einmal plan geschliffen oder vorher sogar Material aufgeschweißt werden.

Dies ist ein umfangreiches Thema, welches ich an anderer Stelle separat ausführlich behandeln werde.

 

Was kann man mit einer fachgerechten Politur erreichen und wo liegen die Grenzen?

Ein Praxisbeispiel:

Schaut man sich eine ab Werk spiegelpolierte Stirnfläche (Seitenfläche eines Uhrgehäuses) einer jahrelang sorgsam, aber regelmässig getragenen Uhr an, finden sich typischerweise zu 95 Prozent leichte Kratzer

im 100stel Tiefenbreich. Es wird aber auch einige mitteltiefe Kratzer und vielleicht sogar eine tiefere Stossstelle geben, die aus einer Unachtsamkeit heraus entstand.

Hunderte der leichten Kratzer liegen wie ein matter Schleier auf der Fläche, wodurch der Glanzgrad im Vergleich zum Neuzustand stark zurück gegangen ist.

Beim Polieren ohne Vorschliff kann man mit gutem Equipment sämtliche leichte Kratzer vollkommen entfernen. Der optische Eindruck verbessert sich erheblich - die Fläche funkelt und spiegelt, wie am ersten Tag.

Bei genauerem Betrachten kann man allerdings die wenigen tieferen Kratzer und den beispielhaft erwähnten Stossschaden noch erahnen. Diese Beschädigungen fallen allerdings nicht mehr so stark ins Auge, da die scharfen Kanten der tieferen Kratzer beim Poliervorgang abgerundet (gebrochen) wurden.

Der optische Gesamteindruck verbessert sich allein durch den Poliervorgang enorm. 

 

3 . Der Horror für viele Uhrenliebhaber  -  Polierschäden!

Nun möchte ich auf die Gefahren beim Polieren näher eingehen. Polierdellen, Abrunden von Kanten bis hin zum Verlust von Konturen,  … der Horror für Uhrenliebhaber.

Leider wird auch im professionellen Bereich sehr häufig nicht fachgerecht poliert. Viele Uhrenfreunde verzichten daher ausdrücklich auf Polituren z.B. im Rahmen einer Revision beim Uhrmacher.

Bei allen Polierschäden gilt übrigens eine einfache Regel:  Je weicher und besser polierbar das Material, umso schneller und stärker entstehen ungewollt Schäden.

Nun aber die gute Nachricht - mit ein wenig Grundwissen und dem richtigen Polierwerkzeug lassen sich diese Schäden komplett vermeiden. 

Polierdellen entstehen meist durch die typischen kleinen Polierkörper, die als Zubehör zu den bekannten Rotationstools in jedem Baumarkt angeboten werden.  

Bearbeitet man mit einem kleinen harten Filzaufsatz intensiv und gezielt den Bereich eines tieferen Kratzers, dauert es nicht lange bis sich der Polierkörper mit Politurabrieb sättigt und somit aushärtet. Das hat zur Folge, dass auf der kleinen Fläche übermässig Material abgetragen wird. Man tauscht den schmalen Kratzer dann sozusagen gegen eine breite Delle. Ein schlechtes Geschäft in meinen Augen!

So eine Delle lässt sich später nur noch durch Materialauftrag via Laserschweissen fachgerecht reparieren. 

Die zweite Möglichkeit wäre, die betroffene Fläche im Gesamten durch Schliff (Lapidieren) zu ebnen. Dies bringt allerdings einen hohen Materialverlust der gesamten Fläche mit sich.

Neben den gefährlichen kleinen Polierkörpern gibt es noch die grossen Polierräder - das „Profi-Equipment“ sozusagen. Ein grosses Rad poliert viel flächiger, die Gefahr von Dellen wird reduziert. 

 

ABER …..

Diese Polierräder, welche man bei jedem Uhrmacher, Juwelier oder Goldschmied in der Werkstatt findet, sind in der Regel weich.

Um die nötige Reibung und Polierhitze zu erzeugen, wird die zu polierende Fläche tief in die Stirnseite des Polierrades gedrückt. Dabei hat man sehr wenig Kontrolle über den Poliervorgang! 

An den Kanten der zu polierenden Fläche entsteht dabei der höchste Abrieb, was die Kanten / Konturen des Uhrengehäuse oder Schmuckstückes je nach Polierdauer weich oder sogar rund poliert. 

Selbst angrenzende Flächen werden noch über die Kante hinaus ungewollt mit poliert. Typisches Beispiel sind mattierte Oberflächen auf den Hörner (die Anschlußelemente für Armbänder an Uhrgehäusen) , die bei der Politur der Stirnseiten des 

Gehäuses mit angegriffen werden und somit ihre Mattierung / Zierschliff verlieren.

Natürlich kann man diese angrenzenden Flächen vor dem Poliervorgang z.B. mit Schutzlack maskieren. Viel besser ist aber ein Polierwerkzeug, welches die Kanten funktionsbedingt schont und angrenzend abgewinkelte Flächen nicht ungewollt berührt.  

Dieses Kriterium, der Schonung der Kanten, war eines der Hauptziele bei der Entwicklung des Tomtools Polieraufsatzes.

 

4. Hologramme:

 

Als Hologramme bezeichne ich Kratzer, welche durch den Poliervorgang selbst entstehen.

Im Idealfall wird beim Polieren an der Oberfläche so fein Material abgetragen, das die damit verbundenen neu entstehenden Kratzer für das menschliche Auge bzw. mit einer Lupe nicht mehr sichtbar sind.

Arbeitet man mit gröberem Poliermittel, beispielsweise bei einer erforderlichen Vorpolitur, sind sichtbare Hologramme ganz normal. Diese sollten im nächsten Arbeitsschritt, der Feinpolitur, restlos abgetragen werden.


Leider bleiben Hologramme oftmals selbst bei Einsatz feinstem Poliermittels noch deutlich sichtbar.

Hierfür gibt es mehrere Gründe:

 

- die Differenz der Körnungsgrößen in den Poliermitteln von Vor- zu Feinpolitur ist zu gross. 

- die versehentliche Mischung von Poliermitteln (z.B. durch Poliermittelreste der Vorpolitur auf dem Werkstück oder auf dem Poliermedium, mischt sich diese mit der Feinpolitur) 

- das Poliermedium ist mit Abrieb gesättigt und beginnt auszuhärten. Ausgehärtete, verschmutze Poliermedien, egal ob kleine Filzkörper, Baumwollscheiben oder grosse Polierräder erzeugen sichtbare neue Kratzer.

 

Lösung:

Ich biete Ihnen aufeinander abgestimmte Poliermittel von Vor- und Feinpolitur, um Hologramme aufgrund hoher Körnungsdifferenzen zu verhindern. 

Während die großen Polierräder im Gebrauch nur grob gereinigt werden können, sind die preiswerten Tomtools Wechselmedien mit geringem Materialverbrauch in Sekunden ausgewechselt.

Ein frisches Poliermedium, ist in meinen Augen eine der wichtigsten Vorraussetzungen für eine perfekte Feinpolitur frei von Hologrammen. 

Allen in diesem Text genannten Problemen kann man mit dem Tomtools Polieraufsatz Set aus dem Weg gehen.